Yum.

Wer war das bitte noch mal schnell, der mich neulich hier in den Kommentaren auf Ottolenghi aufmerksam machte? Kusshand! Das war wirklich eine grandiose Empfehlung. Wann immer ich kann, kaufe ich dort mit halb gutem Gewissen (tolle, frische, interessante Salate) und halb schlechtem (Apothekerpreise, sagenhafte Kuchen). Absolut empfehlenswert.

Ottolenghi, hier: Filiale Notting Hill, 63 Ledbury Road

Swinging London

Sonntag abend, halb neun. Im Duke of Kendal, einem Pub in Paddington, setzt sich eine kleine alte Dame mit Pudellöckchen ans Klavier, so wie jeden Sonntag. Sie heißt June, ist hoch in den Achtzigern, und sie wird die nächsten eineinhalb Stunden eine der charmantesten Formen von Karaoke begleiten, die ich je gesehen habe: ein sing-a-long. Einzelne Sänger mit nicht immer tollen Stimmen, aber mit unglaublich viel Herz treten zu June ans Piano, und der ganze Laden singt mit bei alten East End-Schlagern wie „Maybe it’s because I’m a Londoner“ oder Klassikern wie „Yes! We have no bananas“ und „It’s my party and I’ll cry if I want to“. Ich auch, klar, besonders laut bei „Waltzing Matilda“, dem ersten Lied, das ich auf der Ukulele gelernt habe.

Solist kann nicht jeder werden, das muss man sich durch jahrelanges Mitsingen verdienen. Einer, der aber immer darf, ist Pedro aus Venezuela:

Ach so, und einen anständigen Sonntagsbraten gibt es hier natürlich auch zu essen.

38 Connaught Street, Bayswater, London W2 2AF

Die Verwandlung


Als Meike Winnemuth eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand sie sich in ihrem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.

Fast. Die Verwandlung in eine Kakerlake fand am hellichten Nachmittag statt, und ich war auch nicht die einzige. Das Science Museum veranstaltet jedes Wochenende Cockroach Tours, bei denen man die Welt des Menschen aus der Sicht von Kakerlaken kennenlernt, die bislang ja jeden Blödsinn (inklusive Dinosaurier) überlebt haben. Sehr lehrreich (wer hätte gedacht, dass Kakerlaken eine Dreiviertelstunde lang die Luft anhalten können?), aber vor allem ein Wahnsinnsspaß. Vor allem der Anblick der anderen Museumsbesucher war unbezahlbar, wenn wir auf Aufforderung unserer Führerin („Scatter!“) zum jeweils nächsten Exponat rannten. Wie sie quiekten und zur Seite sprangen, die armen Menschen! Und wie interessant, sie beim Essen in der Museums-Cafeteria zu beobachten und darüber nachzudenken, warum sie ihre Jungen in kleinen Wägelchen durch die Gegend schieben. Höhepunkt jedoch war, als wir uns von einer Balustrade herab laut von ihnen verabschiedeten, den kleinen Idioten, die leider bald aussterben werden müssen, weil sie einfach nicht aufhören können, „Zeug zu verbrennen“, wie unsere Anführerin fachkakerlakisch erklärte.

Cockroach Tour im Science Museum, Exhibition Road, jeden Samstag und Sonntag um 14 und 16 Uhr, Anmeldung unter (0870) 870 4868

Saturday Night and Sunday Morning

Meine beste Freundin war für ein langes Wochenende nach London geflogen, um mich zu besuchen (deshalb war hier die letzten Tage nichts zu lesen, ich hatte Dringenderes zu tun als zu bloggen). In solchen Fällen hofft man ja bizarrerweise immer, dass die Stadt sich von ihrer besten Seite zeigt; in etwa so, wie Eltern sich dafür verantwortlich fühlen, dass die Kinder in Gegenwart Fremder schön artig sind. London war gottlob vorbildlich artig, holte die Sonne raus und war auch sonst mächtig charmant. Zum Beispiel am Samstag abend, als im Privatgarten hinter meinem Haus das Garden Committee einen Filmabend mit Some like it hot organisiert hatte. Eine Leinwand war aufgebaut worden, Gartenstühle und Picknickkörbe herbeigeschleppt worden, wir stöpselten unsere mitgebrachten Kopfhörer in Transmitter, die die Ruhe der anderen Nachbarn garantierten – und guckten verzückt und mit ordentlich viel Wein der zweitberühmtesten blonden Ukulelespielerin der Welt zu. Like Jell-O on springs.

Am Sonntag dann ein paar Straßen von mir entfernt zum berühmtesten Zebrastreifen der Welt, der seit Dezember 2010 sogar unter Denkmalschutz steht: der vor den Abbey Road Studios, über den die Beatles auf dem Cover von Abbey Road gingen. Ich schätze, Autofahrer machen im Sommer und am Wochenende einen weiten Bogen um diese Stelle, denn zu fast jeder Zeit gehen Touristen und Beatles-Fans über den Zebrastreifen, schöööön langsam, in möglichst ausdrucksvollen Posen, und fotografieren sich dabei gegenseitig. Wir selbstverständlich auch. Hübsch: Die Abbey Road-Studios haben eine Webcam eingerichtet, die Tag und Nacht auf den Zebrastreifen gerichtet ist.

Zebrastreifen in der Abbey Road: Vor Haus Nr. 3, St. John’s Wood, London

In memory of

Eine Bank in der Grove End Road. Auf der Straße, nicht im Park. Weil er eben nicht den Park gefegt hat.

Charming

Der Afternoon Tea im Langham ist letztes Jahr mit dem Oscar der Teewelt, dem Tea Guild’s Top London Afternoon Tea Award, ausgezeichnet worden. Musste also getestet werden. Ganz große Oper: Hummer- und Lachs-Sandwiches, Himbeer-Macarons und Mangotörtchen, Scones mit weißer Schokolade und in Louis Roederer-Champagner eingelegten Rosinen (really!) und natürlich ein Tee-Sommelier. Teuer, aber man muss davor und danach und am folgenden Tag nichts mehr essen.

The Langham, 1c Portland Place, Regent Street

Nur so II

Und dann ist auch gut mit der Musik für heute. But this is just so lovely.

Vorher/nachher

Nicht wiederzuerkennen! Die Kanne war im Teekannen-Spa und hat eine Ganzkörpermassage mit Carrs Anti-Tarnish Silver Polishing Mitts bekommen. (Für diejenigen, die sich fragen, was ich so den ganzen Tag mache: Ich spiele „Das Haus am Eaton Place“.) Jetzt darf sie wieder mit in den Koffer.

Nur so

Bits of wit

Ich mag an London so, dass bei allem Bombast so einer Millionenstadt allerorts der stille, kleine Witz blüht. Das Sherlock Holmes-Motiv in der U-Bahn-Station Baker Street zum Beispiel: tausendmal gesehen. Aber erst jetzt ist mir aufgefallen, dass das Kachelmuster aus tausenden Mini-Sherlocks besteht. Eine Entdeckung auf den zweiten Blick, zweifellos ganz im Sinn von Mr. Holmes.

Wenn wir gerade bei U-Bahn sind: In jeder Station gibt es morgens immer handgeschriebene Tafeln über die Verkehrssituation des Tages, ausgefallene Züge etc, In meiner Station Warwick Avenue allerdings nutzt der Stationsleiter die Tafel an ruhigen Tagen lieber für morgendliche Grüße an die Kundschaft und Kommentare zur aktuellen Nachrichtenlage. Ich lieb’s ebenso wie die Socken der Männer hier: oben Bank, unten Punk, immer wieder ein Vergnügen.

Und zuguterletzt (ja, ich weiß, dass man das jetzt zu guter Letzt schreibt, but I can’t be bothered): Auch dies ist ein Vergnügen – die Art, mit der hier in Buchgeschäften (in diesem Fall Hatchards) kategorisiert wird. Abteilung Reise, Unterabteilung Unerschrockenes Reisen: Da gucke ich gleich zweimal so gern hin. Und finde natürlich wieder mal was.