Liebesgeschichten

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Der Stadtplan zeigt ein streng kariertes Straßenraster westlich der Altstadt, doch das Auge sieht überbordende Üppigkeit: prächtige Villen in prächtigen Alleen mit Südstaatenflair, dazwischen Fifties- und Sixties-Apartmentblöcke. Die ganze Gegend wirkt, wie so vieles in Havanna, eingefroren in einer anderen Zeit – in Vedado ist es allerdings fast unmöglich zu sagen, in welcher Zeit.

Am Paseo steht die Casa de la Amistad, ein Palazzo mit faszinierenden Art Deco-Räumen, darin unter anderem Arbeiten von René Lalique. Das Haus – heute ein Kulturzentrum – war ein Geschenk des Zuckerbarons Juan Pedro Baró an seine Geliebte Catalina Lasa. Die beiden waren in den Zwanzigern das Skandalpaar der kubanischen Gesellschaft: Señora Lasa war die erste Frau Südamerikas, die sich (für Baró) scheiden ließ, beide mussten für einige Zeit das Land verlassen und ließen sich in Paris mit Segen des Papstes trauen. Das Paar liegt auf dem Friedhof Cristóbal Colon in einem minimalistischen Marmormausoleum, ebenfalls von Lalique designt. Catalina Lasa wurde unter sechs Metern Beton begraben – um ganz sicher zu gehen, dass ihr liederlicher Leib nicht in derselben Erde ruht wie rechtschaffene Ehefrauen. Als Baró zehn Jahre später starb, wurde er seinem Wunsch gemäß stehend neben ihr beigesetzt, um immer über sie wachen zu können.

Wir saßen in der Bar der Casa für den ersten Mojito des Tages, in einem prächtigen Raum mit einem schmiedeeisernen Wandrelief, in den das Licht von drei Seiten strömt. Überall im Haus finden sich Anleihen an ägyptische Baukunst, für den Putz wurde sogar Sand vom Nil importiert.

Ein paar Häuser weiter am Paseo: ein weiterer Palast, in deutlich mieserem Zustand als die Casa de la Amistad. Auf der Veranda sitzt ein älterer Mann, der uns freundlich heran winkte: Achille, ein Fotograf, der das alte Haus als Studio und Dunkelkammer nutzt. Er führt uns durch die Räume, die auch schon Kulisse für Dreharbeiten waren, und zeigt uns seine Fotos, die er in einer alten Aktentasche aufbewahrt. Am Ende schenkt er uns einige Abzüge: historische Fotos von Fidel und Che und von Parteiveranstaltungen, die er in den Sechzigern gemacht hat. Ein Schatz, der Mann und sein Geschenk.

Strandtag

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Havanna hat keinen eigenen Stadtstrand, man muss schon etwa 20 Kilometer in Richtung Osten fahren, um sich mal für einen Tag lang zu machen. Vom Zentrum aus pendelt ein Bus zu den Playas del Este, wir stiegen gleich an einer der ersten Haltestellen in Santa Maria del Mar mit dem schönen Namen Hotel Tropicoco aus. Es blies ein ordentlicher Wind, ein Seegang mit roter Flagge machte das Baden unmöglich – wurscht, Hauptsache Meer. Wildes Meer. Die Haare flatterten, die Palmen wedelten, irgendwann begann es auch noch zu regnen, und das machte die ganze Sache sogar noch besser: Alles flüchtete sich unter das Blätterdach einer Strandbar, inklusive einer Drei-Mann-Kapelle. Zwei steife Mojitos später war dies einer der besten Tage in Havanna. Nach der Rückfahrt auf der Hinterbank eines rumpeligen alten Jeeps sogar einer der allerbesten.

Großartig auch die Antwort des Barkeepers auf meine Frage, ob es hier irgendwo eine Toilette gäbe: „The tree or the sea.“

Mein wunderbarer Friseursalon

Dienstag, 13. Dezember 2011

Der Tipp kam von einer Kollegin: „Wenn du in Havanna bist, ein Supertip – der Friseurladen ARTECORTE von Papito – ich verrate nichts, Du wirst ausflippen, Deine E.“ Der Supertip war gar nicht so leicht zu finden: In Reiseführern kommt er nicht vor, die Straße, in der er sich befinden soll, wird gerade umgepflügt, ein Schild war auch weit und breit nicht zu entdecken. Also einfach mal die Treppe hoch und überall klopfen. Im zweiten Stock öffnete sich eine Tür – zu einem Friseurparadies. 100 Jahre alte Friseurstühle und Barbierinstrumente, antike Scheren, Rasierer, Spiegel und Bürsten, an den Wänden Gemälde, die alle im weitesten Sinn mit Haarschneiden zu tun haben – claro, dass ich mich sofort zu einem Haarschneidetermin angemeldet habe, es war sowieso mal wieder fällig.

Papito – Gilberto Valladeres – ist weitaus mehr als ein Friseur, er ist das Epizentrum der kubanischen Friseurszene. Neben seinem eigenen Salon und Haarschneidemuseum organisiert er verschiedene Kommunalprojekte, darunter ein jährliches Friseurfestival, bei dem hunderte von Haarkünstlern die Plaza Vieja in einen gigantischen Outdoor-Salon verwandeln. Schwieriger war es, mit ihm darüber zu verhandeln, wie viel Zentimeter bei mir runter sollten – er spricht kein Englisch, mein Friseur-Spanisch tendiert gegen null („mas corto, pero no demasiado“ – und was heißt „schräger Pony“ auf spanisch?). Irgendwann habe mich einfach per internationaler „Mach einfach mal“-Geste ganz in seine Hände begeben: Et hätt ja immer jot jejange. Und tatsächlich: Er hat mir einen der besten Schnitte dieses Jahres verpasst, fabelhafte Arbeit. Hier auf dem Foto noch mit Gewalt glattgeföhnt, aber gegen meine Wellen hat keine Friseur-Frisur lange eine Chance.

Hinterher saßen Annette, eine Kubanerin und ich einträchtig in einem winzigen Raum im Obergeschoss, die Kubanerin für neue Wimpern, wir für Mani- und Pediküre, immer hübsch reihum. Ein großartiger Morgen.

Salon de Belleza Artecorte, calle Aguiar 10 entre Peña Pobre y Avenida de las Misiones, Habana Vieja

Flagge zeigen

Montag, 12. Dezember 2011

Eines der skurrileren Kapitel der amerikanisch-kubanischen Geschichte spielt am Malecon: Im Januar 2006 wurde in den Fenstern des fünften Stocks der ehemaligen US-Botschaft (heute: United States Interests Section) ein LED-Schirm aufgestellt, der kontinuierlich Anti-Castro-Sprüche abspulte („Wie schade, dass alle Leute, die wüssten, wie man dieses Land regieren sollte, Taxifahrer sind“). Einen Monat später schlug Fidel zurück und ließ ein Feld von 138 Fahnenmasten vor das Gebäude pflanzen – und schon war nichts mehr von den Botschaften zu sehen.

Im grünen Bereich

Montag, 12. Dezember 2011

Raus aus der Stadt, das habe ich ja nun gelernt, bewährt sich immer. Also haben wir mal wieder einen Fahrer angeheuert, Alfredo, der uns in den Nationalpark Viñales fuhr, etwa 200 Kilometer westlich von Havanna. Viñales ist berühmt für seine mogotes, dicht bewachsene Kalksteinfelsen, die aussehen, als ob sie jemand von sehr weit oben in die grüne Landschaft hat fallen lassen. Rund um die Felsen verteilt stehen die palmengedeckten Hütten zum Trocknen des Tabaks, der hier in der braunroten Erde wächst; Zentrum des Tals ist das verschlafene Städtchen Viñales mit seinen schönen pastellfarbenen Veranden.

Die Cueva del Indio, eine der größeren Tropfsteinhöhlen der Gegend. Man kann etwa 300 Meter zu Fuß hineingehen, die restlichen 400 Meter sind nur per Boot über einen unterirdischen Fluss zu bewältigen. Die Höhle wurde in den Zwanzigern wiederentdeckt, nachdem sie Jahrhunderte zuvor als Indianer-Versteck vor spanischen Kolonialisten und Grabstätte gedient hatte.

Das Mural de la Prehistoria, eine von Fidels schlechteren Ideen: die Auftragsarbeit eines Diego-Riviera-Schülers, eine 120 mal 180 Meter große Monstrosität auf der Seite eines mogote. Man steht davor und denkt: All die schöne Farbe, wofür hätte man die nutzen können.

Eine Hütte am Straßenrand mit unwiderstehlichem Angebot: frische Ananas und Papaya, junge Kokosnuss, mit Honig serviert – und einer der besten Drinks der Insel. Eine Grapefruit wird ausgehöhlt, mit etwas Honig wird der Saft gezogen, dann noch Ananassaft und einen guten Schuss weißen Rum hinein, ein Strohhalm wird aus dem Dach gezogen und zugeschnitten – fertig. Und köstlich.

Mittagspause im Paladar von Bimba und Julia, einem reizenden jungen Ehepaar. Sie sind erst kürzlich in dieses Haus gezogen, haben im Hinterhof eine Hütte für ihr Privatrestaurant gebaut und im winzigen Haus auch ein Gästezimmer eingerichtet. Wie immer in Paladars rührte mich, wie liebevoll aus nichts etwas gemacht wird: die Gurkenscheiben mit Radieschen geschmückt, selbstgemachte Malanga-Chips mit grobem Salz. Das Huhn war köstlich – und Hummer hätte es auch gegeben, an dem man sich in Kuba für relativ schmales Geld wirklich satt essen kann.

Der Tabakfarmer Montecito vor seinem Feld. Im Januar werden die Pflanzen schon eineinhalb Meter hoch sein, dann wird geerntet. 90 Prozent der Blätter liefert er an den Staat für die Cohiba-Produktion, den Rest behält er für sich und rollt daraus seine eigenen Zigarren, die er unter der Hand an Touristen verkauft. Uns wollte er gleich welche in die Taschen stecken, ich habe abgewinkt und lieber einen Guayabita getrunken, eine lokale Rumspezialität mit eingelegten Guaven. Überhaupt, der Rum – ich stehe hier auf Kuba kurz vor dem Alkoholismus. Wer hätte gedacht, dass Rum das tollste Getränk der Welt ist?

Cojimar

Montag, 12. Dezember 2011

Ein letztes Mal Hemingway: Im Fischerdorf Cojimar, sechs Kilometer außerhalb von Havanna, wohnte Gregorio Fuentes, Maat auf Hemingways Yacht Pilar, angeblich das Vorbild für die Hauptfigur von Der alte Mann und das Meer. Bis in die späten Neunziger saß er vor seinem Haus oder im Restaurant La Terraza und erzählte für zehn Dollar Geschichten aus seiner Zeit mit Hemingway. 2002 starb er mit 104 Jahren.

Im Restaurant hängen schöne Schwarz-Weiß-Fotos von ihm und Hemingway (der Fisch-Grillteller ist auch nicht übel und die Mojitos nicht so lasch wie in Havanna). Am kleinen Malecon des Dorfs steht ein rührend klassizistisches Denkmal inmitten des betonierten Parque Hemingway mit einer Büste des Meisters, zu dem die örtlichen Fischer Ankelhaken und andere Messingteile ihrer Boote zum Einschmelzen gestiftet haben.

Ein Werk des Hobbymalers gegenüber der Terraza: kleiner Schock, die hier zu sehen. Selbst mit einem Bier in der Hand.

Gastarbeiterin

Freitag, 9. Dezember 2011

Während ich in den letzten Tagen vorwiegend gearbeitet habe, ist Annette durch die Straßen gestreift und hat großartige Fotos mitgebracht, übrigens ebenfalls mit einer simplen Digitalknipse gemacht. Heute bekommt sie also einen Extra-Ausstellungsraum im Blog eingerichtet, es wäre schade drum, die Bilder nicht zu zeigen.

Und statt Selbstporträt: Unsere Frau in Havanna. Danke, Annette!

Sturm & Drang

Freitag, 9. Dezember 2011

Selbst bedeckte Tage sind in dieser Stadt ein Erlebnis, besonders dann, wenn der Sturm die Wellen an den Malecon treibt und die Straße überschwemmt. Ich hatte regelrechte Heimatgefühle. Wind! Wellen! Gischt im Gesicht! Algen und Sand im Gulli! Es war eine Pracht. Wer sich fragt, warum viele Häuser hier so aussehen, wie sie aussehen: Dieser Tag hat die Antwort geliefert.

Annette und ich haben beim Fotografieren von Oldtimern eine gewisse Nonchalance entwickelt. „Vor diesem roten Haus hätte ich gern einen in Komplementärfarbe. Lass uns noch zwei Minuten warten.“

Vorher waren wir im Museo de la Revolución, einer wunderbar erschöpfenden und erwartbar tendenziösen Sammlung von heroischen Revolutionsparaphernalia, inklusive Wachsfiguren von Che und Cienfuegos.

Im Büro des Präsidenten, wo vor Fidel auch schon Batista gesessen hat: meine Lieblingsrequisite. Wenn ich mal groß bin, dann…

Wie immer zum Gruseln: die Folterinstrumente, hier ein Gerät zum Ausreißen von Fingernägeln. Ich versuche mir immer vorzustellen: Ein Schmied oder ein Mechaniker konstruiert so ein Ding. Plant es, gießt es, feilt am Mechanismus, bis es tadellos funktioniert… wie gesagt, zum Gruseln.

Eher zum Lachen (aber auch zum Gruseln, ich finde alte Puppen ja prinzipiell furchteinflößend): eine Puppe, mit deren Hilfe Nachrichten an Che Guevara geschmuggelt wurden. Die Vorstellung, dass der Commandante dem Püppi die Kleider ausgezogen hat…

Apropos Che: Auch von dem gibt es tolle Bilder im Museum, hier mein liebstes: als 22jähriger auf 4500 Kilometer langer Fahrradtour durch Nordargentinien. Wie der junge Brad Pitt. Nur noch cooler.

Und draußen vor dem Museum geht bis heute die Geschichte weiter.

¡Vamos!

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Wie groß Havanna ist, wird einem erst im Auto klar; wie schön es ist, wird einem besonders gut in einem 56er Chevrolet klar. Wir hatten uns für heute einen Führer mit Hammer-Auto angeheuert, Adalberto, der uns ein bisschen in die Außenbezirke fahren sollte. Wir? In der Tat, denn für die nächsten zehn Tage habe ich Besuch einer Münchner Kollegin, Annette Hohberg, die bei der Frauenzeitschrift Myself das Ressort mit dem schönen Titel „Denken & Fühlen“ betreut. Und außerdem gerade ihren dritten Roman schreibt. Und außerdem magischerweise völlig jetlagfrei ist, mindestens so flott Rum trinkt wie ich, und angenehm leicht zu revolutionären Gesten zu bewegen ist, wie hier auf der Plaza de la Revolucion vor der Che-Wandskulptur. Damen und Herren, heißen Sie also mit mir unsere neue Mitreisende willkommen. Hasta la victoria siempre!

Erstes Ziel, Ehrensache für zwei Schreiber: Ernest Hemingways Haus Finca Vigia, etwa 15 Kilometer außerhalb der Stadt. Er hat hier von 1939 bis 1960 gewohnt. Wir hatten einen Riesendusel, denn zufällig fanden dort heute Dreharbeiten mit seiner Enkelin Mariel Hemingway statt, die einem amerikanischen TV-Team gerade alles über ihren Opa erzählte, während wir vor dem Fenster luscherten. Eine bessere Führung durch das schöne Haus geht gar nicht.

Die Wand im Bad neben der Waage. Ernie hat hier jeden Morgen sein Gewicht notiert.

Der Pool, in dem Ava Gardner bei den legendären Partys nackt zu baden pflegte. Die Dienstboten mussten die Tabletts mit frischen Drinks außerhalb der Sichtweite abstellen.

Die Gräber der vier Hunde von Hemingway, gleich neben dem Pool. Von seinen 58 Katzen, die in einem eigenen Haus mit eigenem Diener lebten, keine Spur.

Der Club Habana im westlichen Vorort Flores. Ein Country Club für die Reichen von 1928, in den Fünfzigern berüchtigt geworden dadurch, dass er den damaligen Präsidenten Batista wegen seiner Hautfarbe abwies. Castro hatte 30 Jahre mehr Glück, und bis heute ist der Club Habana eines der wenigen Restaurants, in denen er öffentlich gegessen hat. Der Club hat einen Pool, Tennisplätze und einen wunderbaren eigenen Strand. Schuhe aus, ab in die Karibik, einen Daiquiri auf der Liege, hinterher Fisch vom Grill – ich würde sagen: die beste Mittagspause der Welt.

Und noch ein paar gemischte Fotos, aus dem Auto geschossen.

Die ehemalige russische Botschaft im Villenviertel Miramar, ein Beton- und Glasmonster aus den achtziger Jahren. Einst mächtige, zwanzigstöckige Festung voller Diplomaten, Wissenschaftler, Spione – in der Form eines ausgestreckten Mittelfingers in Richtung Amerika –, heute verwaist. Aber immer noch ein seltsam faszinierender Bau.

Ein Spielplatz.


Samstags in Havanna

Sonntag, 4. Dezember 2011

Ich weiß nicht, warum Samstage selbst in diesem Jahr meine Lieblingstage sind, wo doch jeder Tag ein Sonntag ist. Irgendwas ist es an ihnen, dass das Tempo ein paar Umdrehungen drosselt, die Stadt weniger lärmen und die Leute mehr lächeln lässt. Samstage in Havanna bedeuten: Der Hafenrand ist zugeparkt mit Bussen aus der Provinz. Die Hauptstadt ist das Sehnsuchtsziel in einem Land mit Reiseverbot. Und ich habe meine erste wirklich gute Mahlzeit unter anderen glücklichen Inlandsreisenden in einem Imbiss direkt am Wasser: fritiertes Huhn mit fritierten Kochbananen, dazu ein Mojito, zusammen für 2,50 Euro. Gute Grundlage für einen weiteren Stadtbummel.

Die Kathedrale.

Casa Alejandro Humboldt (mit der Statue von jemand ganz anderem – hey, dies ist Kuba).

Eine Schule.

Eine Apotheke.

Leere Geschäfte – aber volle Parkbänke. Viele, wie diese Keksbäckerin, schlagen improvisierte Verkaufsstände irgendwo in der Stadt auf und sind im Nu ausverkauft.

Ein paar Häuser weiter: ein Schießstand – Teil der Kampagne „Erzieh dein Kind“.

Und wenn wir schon dabei sind: Zweitverwertung alter Kanonen als Poller.

Der Open Air-Buchmarkt an der Plaza de Armas. Viel Fidel, viel Che – und ein Glücksfund: ein gebundener Jahresband „National Geographic“ von 1958, dem Jahr vor der Revolution. Sofort gekauft natürlich, obwohl der Band mindestens zwei Kilo wiegt. Aber die alten Reisereportagen haben mich beim Durchblättern gleich gefesselt. Unter den Bäumen der Plaza habe ich die erste im Stück durchgelesen: William O. Douglas, Richter am Obersten Bundesgericht, schreibt von seiner Autotour durch Pakistan, Afghanistan, Iran und Irak, immer südlich der russischen Grenze. „Und was machen Sie, wenn Ihr Auto kaputt geht?“ wird er vor der Abfahrt gefragt. „Kein Problem, ich nehme meine Frau zum Reparieren mit.“ Und tatsächlich: jede Menge Fotos von seiner Frau Mercedes, einer kleinen kompakten Blondine vom Typ Miss Ellie, unterm Wagen liegend. Wie aufregend das damals gewesen sein muss, wie mutig man sein musste! Auch toll: eine Reportage vom Eisfischen in Minnesota – Fische, kaum zwei Minuten aus dem Wasser gezogen und schon als Vorgartenzaun einsetzbar. Es mag blöd klingen unter diesen Umständen, aber dieses Buch macht mir auf der Stelle Lust zu reisen.

Und zuhause im Hotel: das nächste Handtuchkunstwerk, die nächste Lachattacke.