Blaue Stunde

Es gelingt mir nicht in jeder Stadt, aber in den meisten: ein Hotel in der Nähe meiner Wohnung zu finden, das ich als Zweitwohnsitz nutze. Oder Zweitliegesitz, siehe oben. Gern sehr früh oder eher spät am Tag. In Barcelona ist es das recht defensiv getaufte Grand Hotel Central bei mir um die Ecke. Das Hotel hat einen kleinen Swimmingpool auf dem Dach im siebten Stock mit schönem Blick über den Born – Santa Maria del Mar drei Zentimeter links neben meinem großen Zeh (OPI „Big Apple Red“, Sandalen: Colaba Causeway/Mumbai; haben bis jetzt überlebt, Respekt), dahinter unsichtbar in der Ferne das Meer – und spielt abends zum Sonnenuntergang nettes chilliges Zeug.

Ich habe immer das Prinzip des third place sehr richtig gefunden: einen dritten Ort neben Zuhause und Arbeitsstelle zu haben, eine Art Druckausgleich zwischen dem Einen und dem Anderen (ich erwähnte es schon einmal anlässlich eines Londoner Clubs). Ich in meinem Home Office-Leben brauche also zumindest einen second place. Cafés sind gut, Eckkneipen sind besser, Hotels sind am besten; keine Ahnung, warum. Vielleicht weil man hier im Notfall sogar ein Bett finden würde. Dieser Notfall tritt natürlich nie ein, aber allein die Idee beruhigt.

Grand Hotel Central, Via Laietana, 30.

27 Antworten to “Blaue Stunde”

  1. petra Says:

    schaut nach sehr entspannt aus

  2. Pia Says:

    I like!!!
    Great place

  3. isabelle Says:

    in einem hotel tagsüber abzuschalten ist mir noch nie eingefallen, die idee gefällt aber sehr gut!

  4. Kristiane Says:

    Schöne Nagellackfarbe.

  5. nico Says:

    aber man kann doch da nicht einfach so reinlaufen, ohne zahlender gast zu sein?
    oder doch?

  6. unerkannt Gutes tun Says:

    Ich arbeite zu Hause, daher kann ich dem nur voll und ganz zustimmen!
    … einen Ort, wo man einfach nur SEIN kann und die Seele baumeln lassen kann; ohne an die Arbeit oder etwas was man erledigen oder klären wollte zu denken. GENAU. so eine oase möcht ich auch haben, zum auftanken, abschalten … und auch für den Tapetenwechsel.

  7. meike Says:

    @Nico: Doch, klar. Ich lege mich da manchmal abends einfach für eine halbe Stunden an den Pool, gelegentlich auch, ohne einen Drink zu ordern. Deshalb lieber Hotels als Cafés, man wird eher in Ruhe gelassen… Aber das geht natürlich nicht überall.

  8. Arne M. Says:

    Ich habe mir bis eben immer eingebildet, recht gut in der deutschen Sprache bewandert zu sein, aber nun bin ich an meine Grenzen gestoßen. Es müsste mir bitte irgendwann jemand erklären, was ein “recht defensiv getauftes Hotel” ist. Mir gefällt die Wendung so gut, dass ich sie gerne in meinen Wortschatz übernehmen würde. Der Gebrauch ist aber gefährlich, wenn ich als einziger keine Ahnung habe, worum es sich dabei handelt.

  9. Penelope Says:

    So einen Ort habe ich auch. In Berlin sagen die Leute “mein zweites Wohnzimmer” dazu. Aber “my third place” gefällt mir ♥!viel besser, weil er eben gar nichts mit meinem Wohnzimmer zu tun hat. Er ist eher ein kleiner, täglicher Urlaubsort *-*

  10. Karen Says:

    So sehr ich bei deiner Reise mitfiebere, die Idee sich einfach an einen fremden Hotel-Pool zu legen, noch dazu ohne etwas zu konsumieren, finde ich ziemlich frech. Ich käme mir wie ein Schmarotzer vor, schließlich will das Hotel auch unterhalten werden und lebt von zahlenden Gästen. Vielleicht bin ich auch nur spießig ;)

  11. meike Says:

    @Karen: Ich gebe Dir absolut Recht: Wenn ich gar nichts zahlen würde, wäre es reines Schmarotzertum. Aber ich konsumiere (wenn auch nicht immer) und gebe am Ende immer ein ziemlich fettes Trinkgeld. Es ist trotzdem eine interessante Frage (eine für Dr. Dr. Erlinger): Einerseits sind Hotels öffentliche Orte, deren Lobbys und Bars auch von Nicht-Gästen genutzt werden sollen und werden, andererseits haben zahlende Gäste ein Recht, den Service halbwegs exklusiv zu nutzen. Das gilt natürlich unbedingt für den Pool: Wenn es dort so voll wäre, dass ich einem Gast die Liege nehmen würde, würde ich mich nicht dorthin legen. Aber am frühen Abend ist es dort verblüffend leer, also… Den Pool selbst benutzen würde ich nie, ebenso wenig wie Sauna etc. Ich schätze, das muss man immer in der jeweiligen Situation entscheiden, was angemessen ist – und womit man sich wohl fühlt. Es ist eine Grauzone, keine Frage.

  12. Daniel Says:

    die idee an und für sich find ich auch genial. hat dich noch nie jemand drauf angesprochen, bzw. kann man sich ohne weiteres in einem hotel aufhalten? ich glaub ich könnte mich nicht entspannen, weil ich jederzeit die befürchtung hätte, dass ich gleich hinaus gebeten werde…

  13. meike Says:

    @Daniel: Bislang bin ich noch nie angesprochen worden. Liegt sicher auch daran, dass ich halbwegs zivil gekleidet bin und deshalb wie ein Hotelgast aussehe. Bei der Gelegenheit: Meinen schönsten Hotel-Moment hatte ich mal, als ich zusammen mit einem Freund in Bangkok im superfeinen Hotel Oriental eincheckte. Wir mit Rucksack nach drei Wochen Backpacking. Irritierte Blicke beim Portier, denn am Eingang steht sogar auf einem Messingschild, dass Backpacker unerwünscht sind – natürlich nur solange sie keine zahlenden Gäste sind. Am Empfang dann ausgesuchte Höflichkeit, als sich herausstellte, dass wir Gäste des Hoteldirektors waren.

  14. marius Says:

    @ Arne M.

    Gerne versuche ich hier, Ihre (berechtigte) Frage, nach dem von Frau Winnemuth verwendeten Begriff „defensiv getauftes Hotel“, etwas zu erläutern.. (Ein Versuch):

    Ich vermute, dass Frau M.W. den Begriff „defensiv getauftes Hotel“ verwandte, um Ihrer Überraschung Ausdruck zu verleihen – dass man ausgerechnet ein komfortables modernes Hotel mit der „altmodischen-, konservativen-, nicht mehr zeitgemässen- Bezeichnung „GRAND HOTEL“ „taufte“ ..

    „International einheitliche Kriterien, die Grand Hotels erfüllen müssen, gibt es allerdings nicht. So bezeichnen sich einige Vier- und vereinzelt selbst Drei-Sterne-Hotels als Grand Hotel.“

    „Im 19. Jahrhundert war ein Grand Hotel ein Hotel mit gehobenem Komfort wie fließendem Wasser und Telefon sowie einer an der europäischen Palast-Architektur orientierten Raumgestaltung und der dazugehörenden Möblierung, das sich an ein bildungsmäßig gehobenes Publikum wandte. (Das „GRAND HOTEL SOPOT“ in Sopot, Polen, ist so ein Beispiel.. / jetzt ein SOFITEL) Eine Klassifizierung nach Sternen gab es noch nicht…“

    „Eine Blütezeit, in der sehr viele Grand Hotels entstanden, war die Belle Époque um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Grand Hotels entstanden nicht nur in Metropolen, sondern auch an anderen Treffpunkten der zahlungskräftigen Gesellschaft. Dies waren vor allem Kurorte (Seebäder, Luftkurorte), zudem häufig an landschaftlich besonders reizvoller Stelle..“

    „Um das Jahr 1900 hatte die damalige Weltkurstadt Wiesbaden die höchste Grand-Hotel-Dichte weltweit (ca. 30 bei ca. 100.000 Einwohnern)“.

    Jens Jessen, Jahrgang 1955, früher Feuilleton-Redakteur der „FAZ“ und nun seit 2000 Ressortleiter des Feuilleton „DIE ZEIT“ – veröffentlichte vor fünf Jahren, in „DIE ZEIT“ Nr. 43, am 19. Oktober 2006 – einen sehr interessanten Artikel über „GRAND HOTELS“ !

    ( URL: http : // pdf . zeit . de / 2006 / 43 / Grandhotels . pdf )

    zur näheren Erläuterung, hier ein paar Auszüge aus diesem „ZEIT“ Artikel:

    „ … In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden GRANDHOTELS in so genannten Kaiserbäder.. was sich sonst der übrigens schon damals recht launischen und kurzlebigen Mode empfahl. Dort trafen sich der Zar, die Kaiser, dazu die aristokratische cousinage, die Politiker und Minister, dann die Bankiers und Großindustriellen, schließlich die Zaungäste, die Schnorrer und nicht zuletzt die großen europäischen Kokotten…..“

    „.. Kehrt das Grandhotel zurück? Die Frage bewegt vielleicht nicht die Menschheit, wohl aber die Träume des Großstädters nach glamouröser Begegnung und feudal veredelter Bürgerlichkeit. ..“

    „.. kann die gesellige Gesellschaft ihre Traditionsorte wieder erfinden? Kann es noch einmal die verschwenderischen Hallen, die vergoldeten Säle, Bälle und Redouten und nächtlichen Soupers, die schläfrig verbummelten Teenachmittage am verstimmten Piano geben?..“

    „.. Für den kurzen Zauber kann man keine Villa bauen oder eigene Dienstboten mühsam erziehen. DER KURZE ZAUBER VERLANGT DAS GRANDHOTEL, und bei dieser Gelegenheit muss an etwas erinnert werden, was inzwischen offenbar vergessen wurde. Das Grandhotel war nicht der Ort der guten Gesellschaft, sondern der halbguten, nicht der Hautemonde, sondern der Demimonde. ..“

    „.. Proust hat in seiner Schilderung Balbecs das unvergessliche Porträt einer solchen durch alle Schichten gemischten Hotelgesellschaft gegeben, einschließlich des tragisch ambitionierten Hoteldirektors, der die neuen und neuesten Fremdwörter in aberwitziger Verballhornung herausquasselt…“

    „..Nicht immer verschwanden die GRANDHOTEL-Gebäude. Schlimmeres geschah: Die GRANDHOTEL-Gebäude wurden umgebaut. .. Das heißt, wo einst die bürgerliche Gesellschaft mit ihren bunten Rändern kokettierte, zogen die grauen Handelsvertreter ein, die in erbarmungslosen Seminaren der Gehirnwäsche des freien Marktes unterzogen wurden. Das Hotelpersonal wurde entlassen, in Sonderheit die Zeremonienmeister des geselligen Lebens, die würdevollen Portiers und Empfangschefs, die Liftboys und Etagendiener, deren Hauptaufgabe darin bestand, die richtige Augenbraue im richtigen Moment hochzuziehen oder die Stimme zu senken; vor allem aber: sich Namen zu merken. ..“

    „.. Merkwürdigerweise erlosch damit nicht der Mythos des Grandhotels. Er blieb als Sehnsucht, realisiert aber wurde die Karikatur. Denn neue teure Hotels wurden gebaut .. ihre Decken waren flach, weil über ihnen keine Putten schweben sollten, sondern die .. Konferenz technik…“

    „.. An der Frage, welche Überflüssigkeit wir uns leisten und was wir als Luxus ansehen wollen, wird auch die Frage nach einer Wiederkehr des Grandhotels hängen…“

    mfg
    peter

  15. meike Says:

    @marius: Hallo, claus! Da sind Sie ja doch wieder.

  16. Sonja Says:

    @Meike: Nein, da sind sie mir doch gerade zuvorgekommen. Gerade wollte ich Claus wieder begrüßen und fragen, wieso er einen neuen Namen hat. ;-)

  17. meike Says:

    @Sonja: Sogar gleich zwei, marius und peter. Ist schon ein bisschen verwirrend mit ihm.

  18. romy Says:

    Dieser Prinzip vom third place leuchtet mir so richtig ein. Danach habe ich wohl unbewußt immer gesucht.
    Romy

  19. Tina aus OWL Says:

    Hier tendiert man gerade auch aktuell zum “third name”, wie mir scheint ;-)

    Ach, ich reise so gerne mit Ihnen… Werden Sie eigentlich ganz heimlich im Hamburger Hafen einlaufen oder geben Sie das Datum bekannt?

  20. meike Says:

    @Tina: klammheimlich, es geht gar nicht anders. Erstens werde ich irgendwo in den Eingeweiden des Hafens anlanden, es ist ja nicht die QM 2 – wann genau das ist, hängt von vielen Unwägbarkeiten der Frachtschiffahrt ab, Ladestand, Hafenzeiten etc. Und zweitens werde ich die 15 Tage auf See ohne Internet auskommen müssen.

  21. Sabine Says:

    warum mache ich das alles nicht ?

  22. Daniela Says:

    Hallo Meike,

    kann man eigentlich so ohne weiteres auf ein Containerschiff oder geht das nur unter besonderen Bedingungen und mit Beziehungen (Recherge einer Journalistin)?

    Könnte mir vorstellen, daß die Unterbringung da nicht besonders komfortabel sein wird.

    Liebe Grüße aus Wien,
    Daniela

  23. meike Says:

    @Daniela: Da kann jeder mitfahren. Die Reederei Hamburg-Süd zum Beispiel hat eine eigene Agentur für Frachtschiffreisen.

  24. Claudia F. Says:

    Da habe ich wohl etwas verpasst??? Mir ist entgangen, dass Sie per Schiff zurückkommen werden. Wobei – wenn ich so recht überlege – der Begriff “zurück” bei jemand wie Ihnen nicht ganz passend ist, oder?
    Egal – Hauptsache Sie berichten weiter von wo auch immer Sie sich befinden :-)

  25. Maïté ALOY Says:

    Schöne Schühchen :) . Das Hotel Jazz hat auch einen schönen Pool auf dem Dach, ist aber etwas weiter weg vom Born.

  26. bling.bling Says:

    ich liebe solche fotos! :) heRRlich.

  27. Barbara Says:

    Hi Meike – WUNDERSCHÖNE Füsse!!!!