Reisebegegnungen
Freitag, 2. Dezember 2011I.
Heute morgen beim Frühstück: Drei Herren im besten Alter, Brüder, auf Kubatour. Einer aus Hamburg, einer aus Bremerhaven, einer aus Stockholm. Der älteste, 75, und der zweitälteste, 73, sind zur See gefahren, „die schönste Zeit meines Lebens“, sagt Sigi, der 73jährige, „aber dann habe ich meine Frau kennengelernt und dann… Tja.“ Er war zum ersten Mal 1951 als Schiffszimmerer auf Kuba, „da war vielleicht noch was los hier!“ Jetzt dagegen – er lacht ein bisschen traurig. Sie haben in den letzten Tagen nach ihren alten Kneipen gesucht. Alle dicht, bis auf eine, „Dos Hermanos“, unten am Hafen. Ich verspreche, dort heute Abend einen Rum auf sie zu trinken.
II.
Zwei Männer, jung genug, um mich zu siezen, lassen sich in die Sessel mir gegenüber fallen und klappen den Laptop auf. „Welchen Tag haben wir heute?“ – „Den 2.“, sage ich. „Und welchen Wochentag, Sonntag?“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Wir sind Amateurboxer, wir sind seit vier Tagen zum Trainieren hier“, kommt die Erklärung. „Und das geht so auf die Birne?“ frage ich. „Nee, ja, haha, wir stehen halt die ganze Zeit im Ring oder machen Ausdauertraining. Da vergisst man schon mal die Zeit.“ Der eine ist Flugbegleiter bei Air Berlin, die beiden fliegen seit Jahren um den Globus, um Kampfsportarten zu trainieren, zum Kickboxen nach Thailand und jetzt nach Kuba zum normalen Boxen. „Der beste Ort dafür.“ Gestern haben sie einen Weltmeister getroffen, der ist hier einer von vielen. Sie sind in einer casa particular untergekommen, einer Privatpension. Der Besitzer ist zufällig selbst Boxer, der hat sie sofort mitgenommen in seinen Club. „Wir waren keine zwei Stunden da und standen schon im Ring.“ Nachher kocht ihnen die Frau des Boxers das Abendessen, sie geben ihr Geld für den Einkauf, „so können die auch mal Fleisch essen.“ Richtig nette Jungs.
III. Dazwischen: für zwei Dollar Zimmer 511 im Ambos Mundos angeschaut. Hier wohnte Ernest Hemingway sieben Jahre lang ab 1932. Seine Schreibmaschine steht hier – sagen wir: eine Schreibmaschine steht hier – , ein paar Angelruten, ein paar afrikanische Speere, im Schrank hängt eine Lederweste mit auffällig dicken E.H.-Lederinitialen, dass es auch ja jeder mitkriegt, was für ein Kerl da vor einem steht. An der Wand: Fotos seiner Eroberungen, Marlene Dietrich ist auch dabei.
Kuba ist ein Männermuseum. Die Jungs, die Männer hängen hier ihren Träumen nach. Nach der guten alten Zeit, die ja auch tatsächlich noch als Oldtimer durch die Straßen klappert, nach einem Phantasieleben als Großwildjäger oder Hochseeangler oder Boxer oder Revolutionär. Hier ging das alles mal. Und hier geht es noch.