Markttag
Das somnambule Geschiebe auf Flohmärkten ertrage ich normalerweise nicht. Und auch nicht das weltweit identische Angebot an Glitzerschals, Holzmasken, lustigen Sonnenbrillen, geschnitzten Trollen und kandelaberartigen Ohrgehängen. All das findet sich auch auf dem Sonntagsmarkt in San Telmo, besonders entlang der calle Defensa, ergänzt durch die lokalen Spezialitäten: Fedoras im Nadelstreifenmuster à la Gardel, Tangopaare aus Silberdraht, Strickmützen mit Inka-Muster und handgemalte Belle Epoque-Kloschilder („Pipi Room“). Gezögert habe ich immerhin kurz bei diesen Mate-Trinkgefäßen. Schon rührend, wie sich Gauchos auf diese Weise schöne Erinnerungen an ihre treuen Zossen verschaffen. (Oder ihr letztes gutes Steak.)
Nähert man sich der Plaza Dorrego, dem Epizentrum von San Telmo, wird es deutlich schicker. Hier finden sich teure Antiquitätengeschäfte, die natürlich auch und besonders am Sonntag geöffnet sind und in denen es auch mal in die Tausende, wenn nicht Zehntausende von Pesos geht bei den feinen Sachen aus den großbürgerlichen Palästen von Recoleta. Mich erheitern dabei am meisten die überall geparkten amerikanischen Männer, die gottergeben auf ihre antiquitätenjagenden Gattinnen warten. Hier eine kleine Auswahl:
Et tu, Meike? Nix gekauft? Öhm… doch. In einem der Geschäfte habe ich ganz hinten links ganz oben in der Ecke eine einsame kleine versilberte Teekanne entdeckt. Mit der Gravur „Pension Callao“. Und weil ich doch den letzten Monat sehr glücklich in meinem Palast in der Avenida Callao verbracht habe, musste ich einfach… Serendipity! Mein Spanischkurs hat sich sofort bezahlt gemacht („Esta teteria mi gusta, cuánto cuesta?“) und ich hab sie sogar von 45 auf 25 Euro heruntergehandelt (langes grübelndes Drehen in den Händen, Stirnrunzeln, Zurückstellen, Seufzen – „demasiado“ –, huldvolles Nachdenken über einen Gegenvorschlag, Zaudernzaudernzaudern: alles von meiner Mutter gelernt). Ich habe jetzt also exakt zwei Souvenirs: einen Salzlöffel mit Schnabeltier aus Sydney, eine Teekanne aus Buenos Aires. Ich sehe da natürlich ein Muster und habe beschlossen: ab jetzt in jeder Stadt ein Stück Tafelsilber. Oder Tafelblech. Zwei sind der Anfang einer Sammlung. Oh, ich höre gerade etliche Menschen in Hamburg aufstöhnen…
Außerdem gefällt mir die Idee, mit einer versilberten Teekanne um die Welt zu reisen. Es hat was von Phileas Fogg.
Februar 27th, 2011 at 21:48
Scheinbar hast Du einen Hang zum seriellen Tun und Handeln.
Diese Mate-Gefäße allerdings: eine neue, schräge Variante von ‘aus der Pelztasse trinken’.
Februar 27th, 2011 at 22:01
@Minette: Wenn ich nicht so miese Erfahrungen mit plug-ins gemacht hätte (ich glaube ja immer noch, die Einführung der Uhr war für den Absturz zuständig – man kann darin durchaus etwas Metaphorisches sehen), würde ich meinen Ole-Guru jetzt bitten, einen „Gefällt mir“-Button einzubauen. Ja, das Serielle ist meine geheime Leidenschaft. Leider eine ständige Abfolge von immer neuen Serien, die auch nicht sehr lange durchgehalten werden.
Die Pelztassen-Analogie ist natürlich Weltklasse.
Februar 27th, 2011 at 23:21
Na, für welchen Gegenstand aus deinem derzeitigen Reisegepäck hast du dich entschieden? Welcher findet seinen Weg in den Müll oder auch mit der Post nach Deutschland?
Die Bilder der Männer auf der Bank sind dir wirklich gelungen!!
Lg
Februar 27th, 2011 at 23:52
Das könnte ja dann der Anfang sein für die nächste Sachen-weg-Aktion :-p
Februar 28th, 2011 at 06:35
Herzallerliebst – alles!
Februar 28th, 2011 at 09:17
Hallo Frau Winnemuth, können Sie mir bitte 3 von diesen wunderbaren Mate- Tassen mitbringen? Da schmeckt doch sicher auch guter Earl Grey draus. Herzlichen Gruß und gute Reise. Juta
Februar 28th, 2011 at 11:50
Stilbruch freut sich immer über Neuzugänge und die könnten wirklich mal neben den röhrenden Hirschen und gefühlten 1.000 unterschidlichen Kaffeepötten was Stilvolles gebrauchen.
Februar 28th, 2011 at 13:13
Die Teekanne ist wunderschön, da hätte ich auch “zugeschlagen”… Die Matetee-”Gefäße” finde ich allerdings gruselig..
Nach dem Dilemma letzte Woche habe ich mir Ihre Seite nun wieder als Startseite eingerichtet und freue mich über alles Neue, was ich durch Sie erfahre… Viel Spaß noch am letzten BA-Tag und gute Weiterreise!!!!
Liebe Grüße aus Ostwestfalen!
Februar 28th, 2011 at 15:45
Einfach nur SCHÖN!! Vor allem die Teekanne gefällt mir.
Liebe Grüße von Margit.
Februar 28th, 2011 at 16:58
Guten Abend,
wie gut, daß alles wieder funktioniert. Gute Reise nach Mumbai, da ist es ja noch wärmer als ins Buenos Aires, schade daß die Zeit schon vorbei ist.Welch ein Kontrast wird es in Indien sein.Wie lange müssen Sie im Flugzeug sitzen?
Einen schönen letzten Tag wünscht
Marianne aus Münster
Februar 28th, 2011 at 19:04
Hallo Meike,
also ich muss sagen, Buenos Aires hat mir unglaublich gut gefallen und ich plane bereits einen Abstecher dorthin für Dezember. Ist das eine gute Reisezeit?
Ich bin fast ein bisschen traurig, dass du morgen nach Mumbai weiterreist, aber gespannt bin ich natürlich auch, da ich ein grosser Indienfan bin .
Ich wünsch dir eine gute Reise und weiterhin so schöne, bunte Eindrücke .
Liebe Grüsse aus Luxemburg,
Maïté
Juli 2nd, 2011 at 12:32
Ein himmlisch schönes Stück, ganz famos. Es möge viel Freude bringen und ja, hat unbedingt etwas Phileas Fogg !