Im Norden, letzter Abend
„Was um Himmels willen ist das denn?“ fragte ich, als ich dieses Ding am Horizont auftauchen sah. „Da fahren wir hin. Da trinken wir jetzt ein Bier“, sagte Netsanet. Das Ding heißt Ben Abeba und ist ein neues Café-Restaurant in Lalibela, vor gerade mal vier Wochen eröffnet. Eine seltsam amorphe Struktur, die man über spiralförmige Beton- und Holzplankenpfade besteigt. Oben drei satellitenförmige Plattformen, die über der Landschaft zu schweben scheinen, darunter ein großer, offener Essraum, eine moderne, ebenso offene Küche, kokonartige Toiletten – völlig irre und unerwartet an einem Ort wie diesem. Aber was war in dieser Woche eigentlich nicht irre und unerwartet? Es war also genau der richtige Platz für unseren Abschiedsabend.
Das Ben Abeba ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Susan, einer schottischen Hauswirtschaftslehrerin, die eigentlich nach Lalibela kam, um Englisch zu unterrichten, und Haptuma, der hier ein Taxi- und Leihwagenunternehmen betreibt. Die beiden haben Architekturstudenten völlig freie Hand gelassen, etwas Einmaliges zu entwerfen. „Na gut, ein bisschen bremsen mussten wir sie schon“, sagte Haptuma – wenn das hier die gebremste Version ist, mag man sich die ursprünglichen Entwürfe kaum vorstellen. Susan und Haptuma flitzen glücklich über alle Ebenen, die schon jetzt, so kurz nach der Eröffnung, gut besucht sind: „Wir mussten gar nichts machen, es lief alles über Mundpropaganda.“ Ein weiterer Beweis, dass Mut und ein Schuss Verrücktheit meist zu den schönsten Resultaten führt – zumal in einem Land, das noch jede Menge Raum für beides lässt. Ben ist schottisch für Hügel, Abeba amharisch für Blume, und irgendwann soll rund um das Ding ein veritabler Dschungel entstehen, der gerade angepflanzt wird.
Für uns drei ist es Zeit für den Abschied: Netsanet und ich werden am Morgen zurück nach Addis fliegen, Dereje fährt den Wagen in zwei Tagesetappen über die gut 700 Kilometer heim nach Addis. Noch ein Bier, ein letztes Essen (später der Umzug in einen Laden mit Gesang und Tanz und Tej, dem äthiopischen Honigbier), und jede Menge Gelächter.
Schön war’s, und deshalb jetzt ein paar Dankesworte: Diese Woche im Norden habe ich der Großzügigkeit von Marco Polo Reisen zu verdanken, die mir innerhalb einer Woche die Reise zusammengeschneidert haben, nachdem ich in meiner berüchtigt erratischen Art beschlossen hatte, ein bisschen vom Land sehen zu wollen. Sehr herzlichen Dank an Frano Ilic und Karin Graf vom Mutterunternehmen Studiosus, die das alles möglich machten, und an Adonay Tour, die die Organisation vor Ort unternommen haben. Ich habe eine ähnliche Reiseform – allein mit Fahrer und Guide – ja schon im März mit meiner Freundin Rose in Indien ausprobieren können und würde es immer wieder so machen. Es ist persönlich, flexibel, lustig, erlebnis- und erkenntnisreich. Und hat mich in Hütten und Paläste, zum Allerheiligsten und Allerprofansten geführt – an Orte, die ich allein nie gefunden hätte. Ein eiskaltes Dashen-Bier auf alle Beteiligten, es war ein einziges Vergnügen.
Und jetzt wieder (seufz) Addis.
November 23rd, 2011 at 12:24
Liebe Meike,
es ist einfach nur TRAUMHAFT schön mitreisen zu dürfen.
Vielen Dank für schönen Bilder und Berichte.
In Freundschaft
Nilly
November 23rd, 2011 at 12:31
Liebe Meike,
ist ja toll was man jenseits der Bayerischen Bauordnung und ohne Regen und Schnee (oder gibts den auch??) so bauen kann! Ich sag nur Absturzsicherung, da drehts dem Bauamt den Magen um … Schön!
Enjoy!
Susanne
November 23rd, 2011 at 12:35
Das Restaurant ist der Hammer! Unglaublich! Gaudí und Hundertwasser vereint in Ätiopien. Wow, wow, wow.
Nochmals dankeschön fürs teilhaben lassen
November 23rd, 2011 at 12:36
*Booaeeehh, von Herzen danke!!!
November 23rd, 2011 at 12:51
… meine güte …. was für ne aussicht – was für ne landschaft ….
November 23rd, 2011 at 13:17
Immer diese Abschiede.
Ihre Reise ist irgendwo immer ein Ankommen und Abschiednehmen.
Jede Reise – nur empfinde ich es bei dieser Art zu reisen stärker.
Beim Ankommen ist auch immer noch der vorangehende Ort so präsent – nur Flugstunden weg.
Superspannend.
Und jetzt so angenehme Tage wie möglich in Addis.
Aber wahrscheinlich laufen Sie wieder irgendjemanden in die Arme, der die Zeit verrinnen lässt.
Herzlichst Franka
November 23rd, 2011 at 16:03
Das (erste) Bild dieser unglaublichen Location hat mich so sehr zum Lachen gebracht, dass die Kollegen von nebenan reinkamen und fragten, was ich im Kaffee gehabt hätte – das wollten sie auch haben. Ein solches Gebäude, an einem solchen Ort, einfach unfassbar.
Die letzten Tage waren für mich der absolute Höhepunkt der Reise im blauen Bus – einfach ein Traum!
November 23rd, 2011 at 16:36
Wow. So kann das Leben also auch sein.
Viele Grüße an Sie aus einem nebligen, deutschen Alltag.
November 23rd, 2011 at 16:57
Eine tolle Woche voller Miterleben in einer “Ecke” der Welt, für die ich mich selbsttätig wahrscheinlich nie gebührend interessiert hätte…
November 23rd, 2011 at 17:51
Bevor ich meinen PC am Ende eines Arbeitstages herunterfahre – noch ein schneller Blick auf “VMDW” – es könnte ja was Neues geben… OH SCHRECK! Die Reise durch den Norden ist schon zu Ende??
Ich muss gestehen, die unerwartete atemberaubende Schönheit dieses Landes hat mich so sehr gefangen genommen – ich wünschte, Sie würden noch länger dort unterwegs sein und ich teile Ihr “seufz” zu “jetzt wieder Addis”.
LG aus Wien (kalt, nebelig und grau)
November 23rd, 2011 at 17:53
Die entscheidende Frage scheint mir gerade zu sein, nachdem ich das Bildmaterial studiert habe: Werden Sie eigentlich JÜNGER auf dieser Reise?
November 23rd, 2011 at 17:55
Liebe Meike,
vielen, vielen Dank für ALLES, alles. Ich reise seit Kopenhagen in Echtzeit mit, nachdem ich die vorangegangenen Monate in einem beglückten Leserausch in zwei Tagen aufgesogen hatte.
Inzwischen ist der Klick auf Deine Seite zum liebgewordenen Ritual gleich nach dem Einschalten des Rechners (und immer wieder zwischendurch) geworden.
Auf diesen Monat war und bin ich besonders gespannt. Wie habe ich mitgelitten in den ersten Tage Addis Abeba, habe daher die letzten Tage umso mehr mitgenossen und wie immer mitgestaunt! Ich wünsche Dir viel guten Mut für Deine letzte Woche in Addis Abeba, und weiterhin gute Entdeckungen und Begegnungen.
Danke für Deine offenen Augen und Dein offenes Herz. Danke, dass wir daran teil haben dürfen.
Anne
November 23rd, 2011 at 18:38
Das ist ja der absolute Knaller, dieses Ben Abeba! Sieht ein bißchen aus wie die Zukunftsvision der Konstruktion aus dem Film “Contact” nachdem sie 250 Jahre rumgestanden hätte. Toll, daß du so großartige Tage im Norden hattest. ich schätze aber, da haben sich auch ein umwerfendes Land und ein spezieller Mensch gefunden. Danke für die wunderbaren Bilder und Beschreibungen. Ich bin dadurch mitgereist.
November 23rd, 2011 at 18:55
liebe frau winnemuth,
kleiner kurs im bloggen. da kann ich nur immer wieder sagen sagen:
sie machen alles richtig! sie haben alles beherzigt!
abendliche grüße! rosi
http://www.spiegel.de/video/video-31281.html
November 23rd, 2011 at 20:14
Was, diese Reise schon zu Ende?
Meine Güte was für eine tolle Aussicht und das Gebäude, Gaudi und Hndertwasse, wie Uschi schon sagte, das trifft es wirklich. Es gibt auf Elba so verrostet aussehende alte Bergbaumaschinen, das sieht so ähnlich aus, ist aber kein Cafe….
Ich muss dieses Land sehen!
November 23rd, 2011 at 21:39
Einfach ohne Worte!
November 23rd, 2011 at 22:02
Was für eine Woche! Mehr geht doch gar nicht, oder!? Wunderschöne Bilder, die das Fernweh wecken. Diese grandiosen Landschaftsaufnahmen – sagenhaft! Danke dafür
November 24th, 2011 at 05:19
Moin Meike,
ich werde langsam vertraut mit Ihnen.
Als das erste Bild auftauchte, schossen mir zunächst Gedanken wie Stanislaw Lem oder eine zurückgelassene Star Wars Kulisse* in den Kopf. (* Vorbeugend an alle klugen Kommentatoren, mir ist bewusst, wo gedreht wurde).
Cool, überraschend, begeisternd – halt ihr blog! Danke schön – ganz besonders für diese Woche, die mir so sehr ans Herz ging. Wünsche Ihnen viel Glück für AA und vielleicht mögen Sie ja weiter reisen für uns: 12 Monate wenig beachtete Landstriche ? Wir kommen mit!
Ach nein, Sie wollen uns wohl eher animieren, die Welt und das Leben selbst zu entdecken. Und damit haben Sie auch vollkommen recht.
Es grüßt herzlichst Norway
November 24th, 2011 at 07:46
Hin- und mitreißend (oder hin- und mitreisend?).
November 24th, 2011 at 08:17
Danke für diese unglaubliche Woche, nun hat mich das Fernweh wieder endgültig im Griff. Ich will jetzt grade überhaupt nicht dran denken, dass das Mitreisen dürfen im VmdW Bus bald vorüber ist.
Aber Norway hat recht, was könnte mehr animieren, die Welt wieder selbst zu erkunden, als diese Mitreise-Monate und noch gehts ja weiter, ich freue mich auf die kommende Zeit im VmdW Bus.
November 24th, 2011 at 08:24
Äthiopien jetzt grad auf ARTE: Im Höllenloch der Schöpfung
nur falls es jemanden interessiert
November 24th, 2011 at 09:21
Also, ich wusste wirklich nicht, dass Äthiopien soooo ein wahnsinnig tolle Landschaft zu bieten hat!!!! Atemberaubend.
November 24th, 2011 at 10:58
manmanman,
was für tolle Bilder!! und Geschichten natürlich.
Alles Liebe,
NicoSoetjeNilaMalin
November 24th, 2011 at 11:16
@Daniela: danke für den Hinweis. Hier ist der Beitrag in der ARTE-Mediathek: http://videos.arte.tv/de/videos/im_hoellenloch_der_schoepfung-4261058.html
November 24th, 2011 at 14:28
Danke ! In Ruhe schau ich mir den Beitrag noch an, eben hab ich nur hineingeschnuppert und gesehen, daß ich 45 Minuten Zeit brauche…
November 24th, 2011 at 14:59
Beinahe sicher bin ich mir, dass diese außergewöhnliche Lokalität in meinen Träumen auftauchen wird….Dass es so etwas überhaupt gibt, so außerirdisch schön, wie das Innere und Äußere einer Riesenschnecke – gleichzeitig…
Gruß von Sonja
November 24th, 2011 at 15:55
Sieht so aus, als hätten die Architekturstundenten nochmal den alten Mad Max “Beyond Thunderdome” (der mit Tina Turner, die Älteren von uns erinnern sich … vielleicht …. vage) rausgekramt. Nicht schön, aber selten. Oder vielleicht doch schön? Müsste ich mal vor Ort überprüfen. Die Bilder machen jedenfalls Lust auf mehr, sowohl die Landschaften als auch die Menschen. Überhaupt: auffallend viele Fotos mit Menschen, diesmal. Und ganz viele lächeln. Oh, der Monat ist auch schon wieder durch. Vergehen Ihre Monate eigentlich langsamer als unsere, die wir hier alltäglich bleiben? Oder vergeht Ihre Zeit auch immer so rasend schnell?
LG und Danke! TG.
November 25th, 2011 at 08:03
Toll. Einfach nur toll. Dieser ganze Äthiopien-Monat fasziniert mich mehr als alles andere, was ich vorher (seit Tag 1) hier gelesen habe. Vor allem, weil ich mir unter diesem Land bisher wirklich so gar nichts vorstellen konnte. Und um einer meiner Vorrednerinnen / Vorkommentatorinnen zuzustimmen: Wie seltsam, dass wir bisher nicht wussten, dass es all diese faszinierenden Dinge dort gibt. Danke, Meike!
November 25th, 2011 at 10:09
@meike Aus gegebenem Anlass, der großen Glücksgefühle in Äthiopien, wollte ich mal fragen, ob es bisher irgendein Land gibt, in das Sie ganz sicher ganz schnell wieder reisen wollen? Das können Sie natürlich nur beantworten, wenn Sie nicht nur im Hier und Jetzt sind, sondern die Gedanken an die Zukunft auch mal vorbeifliegen.
November 25th, 2011 at 13:02
Meine liebe Reisegruppe, liebe Meike!
Letzte Nacht träumte ich das Wort LA-LI-BE-LA, welch Wohlklang und dann waren da Farben, Geräusche und der Wind, den ich im Traum auf einem Hochplateau spürte.
Meike, danke dafür ……ich war nach meinem Buchprojekt kreativ ein wenig erschöpft, nun sind die wilden, ungestümen Träume zurück und das hat mit Deinem ausserordentlichen Blog zu tun und mit Äthiopien, was Du schreibst hat mein Herz zutiefst berührt.
Noch ein kleiner Witz am Rande- dieser Blog (oder ist das mein neues Lion-Betriebssystem?) nimmt neuerdings eine Rechtschreibkorrektur vor, wenn ich Deinen Namen schreibe und macht aus “Meike” ständig “Meile”!!!! Nicht ohne Komik, oder?
Lächelnd mit Grüßen an Dich und den Rest im Bus!
Anne
November 25th, 2011 at 18:12
Ben Abeba könnte in Star Wars eine Lokation sein – ich hab da an das Rennen gedacht… irre was sie da entdecken und erleben dürfen/können
Dezember 4th, 2011 at 17:01
Danke für den tollen Tipp! Auch wir haben unseren Abschiedsabend mit Susan und Haptuma im Ben Abeba genossen. Beeindruckt von der Architektur (allein die Toiletten sind eine Reise wert! ), den vielen weiteren tollen Plänen für das Restaurant, der Offenheit, das alles mit uns zu teilen, dem leckeren Essen und Honigwein zum Sonnenuntergang… Was für ein Erlebnis! Ich werde die weitere Entwicklung auf jeden Fall verfolgen und hoffe, in einigen Jahren nochmal zurückkehren zu können, um zu sehen, was daraus geworden ist.