Ja, wo sind wir denn hier?

Mir ist zu meinem Schrecken aufgefallen, dass ich schon über alles mögliche geschrieben habe – aber noch nicht richtig über Tel Aviv. Höchste Zeit also für einen kleinen Stadtbummel. Obwohl dieser, streng genommen, schon fast wieder aus der Stadt herausführt, nämlich nach Jaffa, einen der ältesten Häfen der Welt. Dessen Geschichte ist, wie bei allem, was 4000 Jahre alt ist, komplex. Mal sehen, ob ich das noch zusammenkriege, was uns die nette Führerin der Stadtverwaltung gestern erzählte. Gegründet – der Legende nach – von Japheth, dem Sohn Noahs (der Noah). 1468 v. Chr. an die Ägypter gefallen. Dann babylonisch, persisch, phönizisch bis zu Alexander dem Großen, der einfach in die Stadt geritten kam und sie ohne Gegenwehr übernahm. Kein Wunder, zu diesem Zeitpunkt war es auch schon egal, wem sie gehörte. Dann byzantinisch, im 11. Jahrhundert kurzes Kreuzfahrer-Intermezzo, dann wieder ägyptisch. 1515 Teil des osmanischen Reichs unter Sultan Salim I. 1799 Napoleon. Dann wieder Ägypter, dann Türken. Seit 1917 unter britischer Besatzung. Seit 1948 israelisch. Seit 1950 vereint mit Tel Aviv, das 1909 aus Jaffa heraus gegründet wurde. Heute ist ein Drittel der Bevölkerung arabisch.

Die Altstadt Jaffa ist in den letzten Jahren sehr liebevoll restauriert worden. Vor ihren Toren gibt es ein Flohmarkt-Viertel, in der Altstadt selbst sind Künstler angesiedelt worden, der Hafen wird derzeit nach dem Vorbild des Tel Aviv Port zu einer Gastro- und Kulturzone ausgebaut. Kleiner Rundgang? Los geht’s:

Die Bäckerei Said Abu Elafia, gegründet 1879, seit vier Generationen in der Hand derselben arabischen Familie. Fantastische Pita und andere Köstlichkeiten, die bis heute in großen offenen Steinöfen gebacken werden. Yefet, 7, Jaffa. 24 Stunden täglich geöffnet

Klassisch israelisches Recycling: Es gibt keinen Marmor im Land, also bediente man sich für diesen ottomanischen Brunnen gebrauchter Steine aus der Römer-Hochburg Caesarea, weiter nördlich an der Küste.

Auch klassisch Israel: ein koscheres Restaurant, gebaut in die Mauer der Moschee.

Der sehr beschauliche Kidar Kedumin, der zentrale Platz der Altstadt im Schatten der franziskanischen Sankt-Peter-Kirche.

Eine der interessantesten Galerien im Künstlerviertel ist das Ilana Goor Museum, ein traumhaftes Haus aus dem 18. Jahrhundert, das einst Herberge für jüdische Pilger auf dem Weg nach Jerusalem war. Ilana Goor, eine Bildhauerin, hat es mit ungeheurem Aufwand restauriert und lebt auch hier. Mich faszinierten vor allem ihre selbst entworfenen Möbel.

Ilana Goor Museum, Maza Dagim, 4, So – Sa 10 bis 16 Uhr

17 Antworten to “Ja, wo sind wir denn hier?”

  1. Claudia Says:

    tolle Bilder, das erste gefällt mir besonders gut

    Danke, dass ich in ihrem blauen Bus mitfahren darf.

  2. Kristiane Says:

    Aaah…klasse. Was für ein phantastisches Himmelsblau auf dem Bild von dem Platz in der Altstadt.
    Bedanke mich auch für meinen Platz im Bus.

  3. Sandra Says:

    Sehr schön, darauf haben wir schon gewartet, mein Mann und ich lieben Tel Aviv doch so! Jaffa ist schon mal ein guter Anfang, freuen uns auf mehr Stadteindrücke – bitte ähnliches auch für den Rest der Stadt :-)

    PS: Beim nächsten Mal besuchen wir auf jeden Fall die Bäckerei!

  4. binewin Says:

    sehr schöne bilder, danke!

  5. Margit Says:

    Vielen Dank für die nette Stadtführung. Kann gar nicht sagen, was mir am besten gefallen hat. Schon die Eindrücke durch die Bilder sind phantastisch. Wie muss das erst live sein.
    Weiterhin eine schöne Zeit!

  6. Jonas Says:

    Die Türen! Das Gebäck! Das Silber! – Alles so schön, so hübsch, so lecker! Ich hätte alles leer gekauft. Ohne ein Wimpernzucken. Gnadenlos.
    Danke für die vielen Eindrücke und die wunderbaren Bilder, Sie haben mir den Abend versüßt!

  7. Saskia Says:

    Sagt man nicht, Tel Aviv sei die White City? Vielleicht hab ich mir das auch falsch gemerkt, werde ja auch nicht jünger, aber können Sie das bestätigen?

    Und der junge Mann im roten Hemd, also, irgendwie beunruhigt mich sein Hals. Vielleicht nur Schatten oder Dreck, aber hat der da was?

    Wunderschöne Bilder, ich schließe mich Kristiane an, das Himmelsblau ist wirklich umwerfend. Sogar die Flohmarktsachen sind alle bezaubernd, und dabei kann ich Flohmärkten sonst nicht viel abgewinnen. Viel Spaß weiterhin beim Stadtrundgang!

  8. meike Says:

    @Saskia: Die Weiße Stadt, das stimmt – dank der vielen Bauhaus-Bauten, die ich mir am Samstag anschauen werde. Fortsetzung Stadtrundgang folgt also. Und der junge Mann in rot hat einfach nur einen ausgeprägten Adamsapfel und ausgeprägte Drossel- und Schlüsselbeingruben. Dem ging es gut, ehrlich.

  9. Heidi Says:

    @ Meike. Mhh, Drosselgrube. Ein Wort, dass dir jetzt seit ca. einem Jahr gelaeufig ist, stimmts? Ein Jahr ist das her. Meine Guete. Ich freu mich fuer dich. Und ich freu mich, dass es jemanden getroffen hat, der sowas Einmaliges damit angestellt hat.

  10. Sabine Says:

    Und in Israel gibt es mehr Mobiltelefone pro Einwohner als in Deutschland UND sie werden noch häufiger genutzt :-) Zumindest hat mir das bei meinen Israel-Reisen der örtliche Reiseleiter erzählt. O-Ton: die Israelis sind handyverrückt.

    Der flüchtige Eindruck in das Alltagsleben hat diese Einschätzung bestätigt (und ihre Fotos ja auch)

    Viel Spaß weiterhin
    Sabine

  11. meike Says:

    @Heidi: Ja, ein Jahr, unglaublich. Und die Drosselgrube ist seitdem in meinem aktiven Sprachschatz.

  12. Ulrike Says:

    Vielen Dank für die wunderbare Stadtführung. Es hat mich überrascht, wie wunderschön und vielfälltig es dort ist. Macht auf jeden Fall Lust auf mehr ;-)

    LG Ulrike

  13. Toni G. Says:

    Ja, super Türen, super Silber und so. Aber bei den Augen und den Lippen des Bäckers fiel mir ein, dass es gerüchteweise in Isreal die schönsten aller Männer geben soll. Stimmt das? Oder darf man das bei einer Stadtführung nicht fragen?

  14. Viviane Says:

    Übrigens nur mal so eine Nebennotiz, für alle, die es vielleicht interessiert;

    http://shushunas.wordpress.com/ ist ein Blog von einer Cambridge-Absolventin, die (fast) jeden Tag die Nachrichten aus dem Nahen Osten zusammenfasst und ordnet, und vor allem die Presse vor Ort durchfiltert.
    Für alle, die mal ein bißchen mehr Überblick haben möchten sehr zu empfehlen!

  15. Marie Says:

    Also wie war das noch mal mit dem Reisepass? Sie dürfen nach Israel einreisen mit allen möglichen Stempeln dieser Welt, aber in arabische Länder nicht mit einem israelischen Stempel? Stellen die sich beim Einwohnermeldeamt eigentlich an, wenn man einen zweiten Reisepass haben möchte?

  16. Gabriella Says:

    Hallo Meike,
    letzten Sonntag kam im TV (ich glaube ARD) eine sehr schöne Sendung über Jaffa, u.a. auch über die Künstlerin Ilana Goor, ihren Schmuck und die großen Ringe die sie trägt, die Möbel, auch das Museum etc.
    Ich dachte mir sofort “das muß ich der Meike schreiben!” hab’s dann aber leider wieder vergessen. Aber…..die Meike hat das wieder selbst entdeckt! Super!
    Viele Grüße!

  17. pummi Says:

    In dem Café oben gibt ein Kaffee-Eis-Parfait – zum Niederknien!!!!! Oberlecker.