Jessas!

Ein spannendes Treffen auf einen langen Kaffee heute Mittag: Brigitte Maria Mayer, Fotografin, Filmemacherin, Witwe von Heiner Müller, lebt in Addis und arbeitet seit zweieinhalb Jahren daran, ein Filmprojekt über das Leben Jesu zu verwirklichen, Der Wohnsitz Gottes. Sie will es hier drehen, auf Amharisch, in Äthiopien, dem einzigen Land Afrikas, das nie einer europäischen Kolonialmacht gehörte, und dem einzigen mit eigener christlicher Tradition, also keinem von Missionaren eingeprügelten Glauben. Und natürlich in einem Land, das in weiten Teilen bis heute so aussieht wie zu alttestamentarischen Zeiten. Im Trailer oben bekommt man einen ganz guten Eindruck.

200 Kostüme waren genäht, die Schauspieler gecastet, für die sogar Schauspiel- und Stimmtraining organisiert wurden, alles war vorbereitet – und dann hat der Patriarch von Addis Abeba vor zwei Wochen endgültig die bereit erteilte Drehgenehmigung zurückgezogen, ohne die hier nichts geht. Alle Einsprüche von Konsulat und Kulturbehörden haben nichts genützt, sogar ein Unterstützungsbrief von Angela Merkel blieb erfolglos. Und jetzt? Alles anders, alles umschreiben, vielleicht in Deutschland drehen, dann aber eine Studioproduktion. Nicht zu vergleichen mit dem, was hier an Bildern entstanden wäre. Die Erfahrung, dass alles in letzter Minute zusammenkrachen kann, hat sie nicht als erste gemacht. Auch Angelina Jolie wollte das in Äthiopien spielende Entwicklungshilfe-Drama „Beyond Borders“ hier drehen, musste aber nach Namibia ausweichen.

„Auf jeden Fall müssen Sie raus aus Addis, das ist ja klar“, sagt Brigitte Maria Mayer gleich zu Beginn. „Nach Bahir Dar, dann nach Gondar, die Simien Mountains, Axum, Lalibela. Zehn Tage mindestens.“ Sie drückt mir gleich die Nummern eines verlässlichen Fahrers in die Hand, ein Auto kann man hier ohnehin nur mit Fahrer anmieten. Die Fotos, die sie mir auf ihrem Laptop zeigt, sind atemberaubend. Sieht so aus, als ob ich mich bald wieder auf die Reise machen muss.

9 Antworten to “Jessas!”

  1. Marie Says:

    Und mir läuft mal wieder ein wohliger Schauer über den Rücken.

  2. Saskia Says:

    War da nicht mal was mit Äthiopien und Italien, Kolonie oder Besetzung oder so?

  3. Trulla Says:

    Ich sach doch: Lalibela! Die Felsenkirchen dort sind atemberaubend.

  4. meike Says:

    Italien hatte, ausgehend von seiner Kolonie Eritrea, im 19. Jahrhundert mehrere erfolglose Kriege gegen Äthiopien geführt. Unter Mussolini gab es in den Dreißiger Jahren einen erneuten Feldzug, diesmal mit Giftgas und Bombenangriffen. Wohlgemerkt: Gegen eine Landbevölkerung, die barfuß und mit Speeren kämpfte und noch nie ein Flugzeug gesehen hatte. Im zweiten Weltkrieg besetzten die Briten Äthiopien, Haile Selassie wurde wieder als Kaiser eingesetzt. Mehr Informationen: hier.

  5. Rina Says:

    Liebe Meike,
    vor etwa neun Jahren habe ich sechs Wochen arbeitend und reisend in Äthiopien verbracht. Ich reise viel und gern aber an keinem anderen Ort der Welt hatte ich dieses “ganz-tief-drin-ganz-urzeitlich-angekommen-Gefühl”, das mich im Süden Äthiopiens überrascht hat.
    Danke für Ihren wunderbaren Blog & eine gute Zeit!

  6. Alicia Says:

    Liebe Meike,

    du musst wirklich ein bisschen rumreisen! Wie sollen wir Äthiopien sonst kennen lernen? Ausserdem ist AA anscheinend ja eh nicht so der Knüller… wo du schon mal da bist, wär doch schade, die Zeit nicht dazu zu nutzen, das Land kennen zu lernen. Im Video sieht es jedenfalls atemberaubend aus!

  7. christa Says:

    Ich freue mich sehr, dass sie so mutig sind und sich ins Land hinaus begeben. Bin ganz arg gespannt, wie das “echte” Äthiopien aussieht und welchen tollen Menschen sie begegnen werden.

    Für das faszinierende Filmprojekt finde ich es schrecklich bedauerlich, dass es auf so eine lapidare Art und Weise “plattgemacht” wird. Die ganze Arbeit von einer Genehmigung abhängig? Soooo schade! Danke, dass wir wenigstens hier einen Vorgeschmack auf den Film bekommen können!

  8. Beate Says:

    Ihren Mut hätte ich auch gerne.
    Ich freu mich auf Ihre Reise durch dieses so ganz andere Land.
    ;)

  9. Silke Says:

    Na dann treffen wir uns ja vielleicht! Allerdings mache ich mich mit einem Freund erst am nächsten Samstag auf den Weg – mit fast der gleichen Route: Addis, Bahir Da, Gondar, Simiens, Lalibela. Und zum Abschluss noch ein paar Tage Djibouti um den ganzen Staub der Reise beim Schnorcheln mit Walhaien loszuwerden. Freue mich auf die Eindrücke Ihrer Reise und noch mehr auf die eigenen! ;-)