Juhu

Heute würde ich sie endlich treffen: Kashmera Shah, Bollywood-Schauspielerin, in letzter Zeit eher durch Skandale aufgefallen wie die Teilnahme an der beliebten Reality-Show Love Lock-Up, in der ein Paar mit Beziehungsproblemen acht Tage in einen Raum gesperrt wird (RTL 2, are you listening?). Dies ist eine Zusammenfassung der Folge, wirklich faszinierend. Und dann war da natürlich noch ihr erotischer Kalender, dessen feierliche Enthüllung ich neulich ja blöderweise verpasst habe. Hier ein paar… Impressionen. Aufschlussreich, was in Indien als sexy gilt, besonders dies hier:

Man muss sich Kashmera also als eine indische Daniela Katzenberger vorstellen. Mit anderen Worten: Ich freute mich wirklich auf sie. Sie schlug als Treffpunkt das Marriott Hotel in Juhu Beach vor, eine etwa einstündige Taxifahrt Richtung Norden. Gut, Juhu wollte ich mir sowieso angucken. Der übliche Taxi-Scheiß: Der Fahrer wollte erst nicht den Zähler einschalten, mir 100 statt 50 Rupien für die Route über den schnelleren Sea Link abknöpfen und mich dann in Bandra ganz rauswerfen, ich solle mir doch eine Motorrikscha für den Rest des Weges nehmen, er bekomme hier oben kein Benzin (Tank war halbvoll) – ich bin den Quatsch inzwischen gewohnt. Das Marriott: die übliche Security-Schleuse und Abtastung am Eingang, hier freundlicherweise durch eine Frau. (Bei der Gelegenheit: Habe ich schon erzählt, wie oft ich auf der Straße „unabsichtlich“ von Männern berührt werde, gern auch am Po, wenn ich an der Ampel stehe?)

Ich war früh dran, ich wollte noch an den Strand gehen: „Sorry, ma’am, nur für Hotelgäste“ – okay. Im Café: ein Kännchen Tee. Und warten. Und warten. Und warten. SMS geschickt, keine Antwort. Nach einer Stunde aufgegeben, zurück in die Stadt. Nur war da schon Rush Hour, keine Chance auf ein Taxi auf der Straße. Der Portier besorgte mir ein Pre-Paid-Taxi, natürlich für den dreifachen Preis. Rückfahrt: eineinhalb Stunden. Vier Stunden Sinnlosigkeit, ein weiterer Nachmittag in Mumbai.

Das mit Mumbai und mir wird nichts mehr, glaube ich. Wir sind nicht füreinander gemacht. Wir haben alles probiert, wir waren in Paartherapie, es hat nichts genützt. Ob es eine glückliche Beziehung wird, hängt natürlich immer von beiden Beteiligten ab. Ohne allzu esoterisch werden zu wollen: Meine bisherige Erfahrung beim Reisen war immer, dass man in eine Art Dialog mit einem Ort tritt. Wie man auf eine Stadt zugeht, so antwortet sie auch. Wenn einem die Stadt allerdings wiederholt in die Hand beißt, obwohl man versucht, sie zu streicheln, dann hat man irgendwann keine Lust mehr. Und das ist genau das, was hier gerade passiert: die berüchtigte Reise-Todesspirale. Die bisher eher freudlosen Erlebnisse führen dazu, dass ich dichtmache – und dass mir folglich kaum noch etwas Gutes widerfährt. Ich rechne mit dem Schlimmsten, und genau darum passiert es mir auch. Das Scheidungsverfahren läuft. Ein Schuldprinzip gibt es auch hier nicht.

Am Freitag allerdings ändert sich die Konstellation: Dann kommt eine Münchner Freundin nach Mumbai, wir werden am Montag von hier aus weiter nach Rajasthan reisen. Und dann: Neues Spiel, neues Glück.

14 Antworten to “Juhu”

  1. Linda Says:

    Hallo Meike,
    bisher hast du von mir noch nichts gehört. Ich wollte nur kurz ein Statement abegeben, in dem ich sagen/schreiben möchte, dass ich es sehr schade fände, solltest du deine Reise abbrechen, zumal du noch so viel schönes vor dir hast. Ich denke, dass du dich ärgern würdest, wenn du zurück fahren würdest. Ich selber würde mich wohl fühlen, als hätte ich eineAufgabe nicht geschafft, was natürlich immer passieren kann. Aber Eine so tolle Aufgabe, für eine doofe Stadt zu schmeißen? Nein. Diese doofe Stadt, darf dich nicht so sehr von deiner Idee abbringen.
    Das so weit von mir! Ich wünsche dir gutes Durchhaltevermögen.

  2. meike Says:

    Vielen Dank, Linda, aber es gar nicht so sehr Mumbai, sondern Tokyo, das mich ins Wackeln gebracht hat. Durch das Beben ist die Welt eine Spur aus der Bahn geworfen worden und ich gleich mit.

  3. Aimée Says:

    So eine strahlende Fröhlichkeit oder Erleichterung verheissende Überschrift – damit hast Du uns genauso in den dunklen aussichtslosen Wald geschickt wie die obige “Dame” Dich.
    Wie heisst es immer so treffend – der Teufel schietert auf den grösten Haufen… (aber irgendwann kommt auch aus ihm nichts mehr raus, und dann geht es Dir besser!!!)

  4. nelly fleckhaus Says:

    Liebe Meike,

    Couchsurfing-Freunde von uns sind letztes Jahr zeitgleich mit uns nach Indien geflogen. Wir ins angenehme Kerala, die Freunde nach Mumbai.

    Die beiden sind hart im Nehmen, waren aber überfordert. Wahrscheinlich konnten sie sich auch nicht wirklich vorstellen, was sie in Mumbai erwartet. Und sie waren überrascht, dass es im Januar 2010 ziemlich kalt in der Moloch-Stadt war – um die 0 Grad.

    Wenn du etwas Schönes in Indien erleben möchtest, flieg nach Trivandrum und lass die Seele mindestens zwei Tage im Hotel “Wild Palms” baumeln.

    Dann könntest du in den Zoo gehen. Erstaunerlichweise gibt es jede Menge Rehkitze dort.

    Oder wie wäre es damit: mit deiner Freundin ein Schiff mieten, das wie ein überdimensionaler Picknickkorb aussieht und euch 24 Stunden durch die Backwaters fahren lassen.

    Unser Bild von Indien ist noch ungetrübt. Im Winter 2011/12 werden wir weiterhin alle indischen Großstadte meiden.

    Gruß

    Nelly

  5. Toni Says:

    Ja, es gibt diese Orte, die sich einem widersetzen, an denen alles mühsam ist, murksig und anstrengend. Genauso wie es Menschen gibt, mit denen man einfach nicht kompatibel ist, egal, wie viele Anläufe von Verständigung und Annäherung man unternimmt. Hopfen und Malz verloren – det wird nüscht mehr, wie der Berliner sagt.
    Da hilft nur eins: weg und weiter!

  6. Uschi aus Aachen Says:

    Die nächsten Tage ist die Hauptsache: sich auf Freitag und die Freundin freuen! Gibt es kein tolles Spa in einem unanständig teuren Hotel, wo Sie mal einen Tag einfach abtauchen könnten? Täte vielleicht gut…

    Meine Hochachtung begleitet Sie.

  7. LvO Says:

    Liebe Meike,
    uuuh, das klingt echt nicht gut, das mit Dir und Indien. Ich war noch ja leider selbst nie da – was vor allem daran liegt, dass ich nie jemandem hatte, der mitgefahren waere. Alle potenziellen Reisepartner wussten immer von Bekannten zu berichten, die bei der Rueckkehr aus einer indischen Grossstadt aus tiefstem Herzen schworen, sie wuerden dort NIEEEEEE mehr hinfahren. Du bist also in guter Gesellschaft. Nimm das Verhalten dieser sogenannten ‘Schauspielerin’ und ihrer unhoeflichen City nicht persoenlich! Mir hast Du nur einmal mehr vor Augen gefuehrt, dass man es dort kaum aushaelt. Vor allem als Frau allein. Weiss nicht, ob Du das Buch von Timmerberg kennst, Shiva Moon? Falls nicht, sollte Rose es Dir unbedingt am Freitag noch mitbringen. Es ist zum Bruellen komisch. Timmerberg liebt Indien anscheinend wirklich, aber schreibt sehr ironisch drueber. Er hats wohl auch leichter, als Mann. Ich glaube, dass das wirklich einen grossen Unterschied macht. Erinnere mich noch an einige Passagen, wie er mit den betruegerischen Rikschafahrern oder Sherpas umging. Er zeigte ihnen immer ganz deutlich, dass er sie durchschaute, aber dennoch auf ihre Phantasiepreise eingehen wuerde. Damit erwarb er sich ihre Achtung und half sich auch selbst, indem er sich aus der Opferrolle befreite…
    Dass Tokio nix wird, finde ich auch aus ganz persoenlichem Interesse schade: Ich hatte auf meiner kurzen Weltreise 2009 ausgerechnet in dieser Stadt mein “Mumbai”. Absoluter Tiefpunkt. Melancholie an guten Tagen, totale Depristimmung zum Schluss. Das lag daran, dass wirklich niemand mit mir redete. Die kleinen Japaner sahen einfach durch mich grosse Frau hindurch. Ich kannte aber auch keine Leute, die mich irgendwo einfuehren haetten koennen. Schoen bloed. An Tag vier sass ich stundenlang vor dem Fernseher im Hotel und hab mir zu Traenen geruehrt die Amtseinfuehrung von Obama gegeben…
    Haette nun zu gern gewusst, ob es Dir gelungen waere, die Japaner zu oeffnen.
    Anyway. Fuer Mumbai finde ich den Vorschlag der Kolleginnen hier ziemlich bedenkenswert: Leiste Dir das beste Hotel der Stadt! Ein Check-in spaeter sieht die Lage schon anders aus. Ich war dann in Tokio im Four Seasons. Wunderbar. Sie haben da einen Onsen. Und muessen nett sein, schliesslich bezahlst Du sie ja…
    Also, Kopf hoch and keep going! Liebe Gruesse, L*

  8. angelika Says:

    hallo meike!

    die ereignisse in japan setzen uns allen zu, egal wo wir sind auf der welt. ich habe dieser tage ständig ein schlechtes gewissen, wenn ich mich mit anderen dingen beschäftige, die mich aufheitern.

    naturkatastrophen empfinden wir als bedrohlich, es hat einige gegeben in der letzten zeit. alle haben uns berührt. diese allerdings, gepaart mit atomkatastrophen/-unfällen der schlimmsten art, sind neu. sie zeigen uns auf, was wir die ganze zeit weggedrückt oder ignoriert haben. latent dagegen gewesen zu sein und nichts getan, nichts versucht zu haben – trotz tschernobyl etc. jetzt ohnmächtig zu sein. ich habe für mich jedenfalls dieses gefühl. dieser zustand, trifft mich, bis ins mark, lähmt mich und legt sich wie ein schleier auf mein gemüt. vielleicht geht es ihnen ebenso und sie haben, zusätzlich noch durch die aktuelle station mumbai und die verhältnisse dort, keine freude mehr. wir werden uns alle wieder am schopf aus dem sumpf ziehen und ich wünsche mir, dass wir alle diese supergau nicht mehr vergessen und bewusst daran arbeiten, die situation zu ändern. für mich kann ich sagen, wenn ich das beschlossen habe, kann es auch wieder weitergehen und ich werde dann das gefühl haben, mich wieder meinem leben widmen zu können.

    ich hörte gestern, die japaner versuchen wieder zur normalität zurück zu kehren, wollen wieder zur arbeit gehen. das leben geht weiter. allerdings mit anderen vorzeichen. hoffentlich habe ich hier nicht den rahmen des reisekommentars überschritten.

    ich wünsche ihnen trotz allem ein paar sehr schöne tage mit ihrer freundin und hoffe, dass sie ihre reiselust wieder finden!

  9. yvonne Says:

    Hallo.
    Ich war am Sonntag bei einer klitzekleinen Veranstaltung einer Reiseleiterin die von Rajastan und Ladakh berichtet hat.
    Ich selbst war noch nie in Indien und meine Vorurteil ist in etwa so, wie die Bilder und Berichte von Mumbai die ich hier in den letzten Tagen gelesen habe.
    Die Erzählungen und Bilder von Rajastan waren aber so wohltuend anders, dass ich denke das ist die richtige Medizin – zumindest was kriselnde Beziehung zwischen Dir und Indien betrifft.
    Tipp, den ich vom Sonntag weitergebe: Hotels in den Palästen von Maharadschas, die sich dort auch selbst als Reiseleiter anbieten. Thar Wüste, die belebteste Wüste der Welt.
    Alles Gute für die weitere Reise!

  10. Sonja Says:

    Wenn die Beziehung gescheitert ist, dann muss man sich neuen Ufern zuwenden. Also nix wie weg in die angenehmeren Regionen Indiens – Rajastan soll ja wirklich ganz ganz toll sein. Viel Spaß schon mal!
    Und die Fotos – aaah ja. Hm. Machen mich persönlich jetzt nicht wirklich an… Aber wem’s gefällt… Jeden das seine!

  11. Dievommond Says:

    “… aber es gar nicht so sehr Mumbai, sondern Tokyo, das mich ins Wackeln gebracht hat. Durch das Beben ist die Welt eine Spur aus der Bahn geworfen worden und ich gleich mit.”

    das ist bei mir genauso.

    alles Gute weiterhin und ich habe ueberhaupt nichts dagegen, wenn Sie nicht noch einen zweiten Monat in Mumbai verbringen wollen! Ich selber war ja noch nie dort und kann deswegen die Situation nicht wirklich beurteilen.

    einen ganz lieben Gruss, diesmal als Dievommond. Ihre Gitarre

  12. Minette Says:

    This too will pass.
    Dieses Mantra ist, finde ich, bei der Katastrophe in Japan an seine Grenzen gekommen. Aber für Deine Zeit in Mumbai so passend wie nur was.

  13. Elisabeth Says:

    “when life gives you lemons, make lemonade” – danke für all die Limonade, die Sie hier im Blog auch in widrigen Zeiten teilen!

  14. Susanne Says:

    Liebe Maike,einfach den Kopf nicht hängen lassen und durch.Es wird vielleicht nicht besser,aber frau sollte auch das Schlechte mitnehmen.
    Gruß aus Potsdam
    (von einer die es als Mutter von 6 Kindern und Oma wissen muss!)
    Susanne