Leinen los
Eine der schönsten Taxifahrten der Welt führt von der Innenstadt Istanbuls zum Flughafen entlang des Marmarameers. Man bricht auf und wird begleitet von Dickschiffen aller Nationen, die zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer verkehren. Das Ganze dann auch noch in der anbrechenden Dämmerung des 1. Januar bei leicht diesiger Luft – es war fast nicht auszuhalten, so schön.
Vor mir die Welt – und in mir kein Jubel, sondern große Melancholie. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Abschied so im Magen liegt. Dass der Alltag derartig klebrige Fäden zieht. Die letzten Wochen bin ich durch die Straßen gegangen, als sähe ich sie zum allerletzten Mal. Das Banalste wurde plötzlich kostbar, alles Alltägliche ein Genuss. Das Essener-Brot von Pitzschel: ein letztes Mal für ein Jahr. Mein Lieblingskäse. Meine Zeitung. Und natürlich und am schlimmsten: meine Freunde. Meine Familie. Meine Kollegen. Die sind alle noch da, wenn ich wiederkomme, natürlich, das weiß ich (und die Zeitung und das Brot auch), aber… Aber.
Januar 3rd, 2011 at 07:05
Verständliche Gedanken. Melancholie begleitet fast jeden Abschied, dem Neuen wird es später ähnlich ergehen !
Good Luck. Und denke:
Stufen (H. Hesse)
Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and’re, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Januar 3rd, 2011 at 08:27
Dude, mir geht’s genauso. Je naeher Februar rueckt, desto mehr mag ich dieses poplig-beschauliche Muenchen und meine Wohnung mit Wasserfleck. Aber am Abschiedsschmerz merkt man auch, dass es ein Abenteuer ist und keine Flucht.
Januar 3rd, 2011 at 09:56
Ui, Meike, schön das zu hören, dachte schon es sein total leicht sich ein Jahr von dem langweiligen Einerlei des täglichen Gleichen zu trennen. Nein – anders herum – in der Tat waren meine Gedanken zu deinem Trip neben Neid auch Bewunderung dass du das auch auf dich nimmst, die immer neuen Städte, Wege, Brote (was auch immer für Gebäcke) usw usf.
So und so sind ja mehr meinschen bei dir als du denkst und in manch Momenten fühlst,
lg NicoSoetjeNilaMalin
Januar 3rd, 2011 at 10:37
Liebe Meike, nun bist Du in Sydney! Die Melancholie des Abschieds gehört wohl zur Veränderung dazu. Man darf nur niemals glauben, dass der Abschied deshalb etwa falsch wäre. Ich glaube, Du wirst Dein Jahr genauso meistern, wie Du das letzte Jahr auch gemeistert hast: immer mit leichtem Gepäck reisen, tolle Menschen und Plätze kennenlernen, glücklich und traurig sein, Überraschungen erleben…. und dann eben irgendwann unendlich bereichert zurück kehren! Du wirst es nie bereuen! Good luck!
Januar 3rd, 2011 at 14:20
Liebe Frau Winnemuth,
“Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut”, so wusste es schon Arthur Schnitzler.
Bei mir wäre es übrigens das Pfister Sonne, das ich vermissen würde, und beim Käse darf ich erst gar nicht anfangen…
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Jahr!
Herzlichen Gruß aus München
Januar 4th, 2011 at 01:05
In einem Jahr, bei Ihrer Rueckkehr von der Weltreise, werden Sie wieder Brot, Kaese und Kollegen vorfinden. Mit Genuss werde Sie bei einer Lieblingszeitung Kaesebrote vertilgen, nur um ploetzlich zu merken, dass diese in Erinnerung doch viel grossartiger waren. So ging es jedenfalls mir nach laengeren Auslandsaufenthalten oft. Anders herum gilt auch: Vegemite sandwich schmeckt nur in Australien gut, Elite Kaffee ist in Israel viel schmackhafter und Houmus sowieso, und der indische Sari landet in der Faschingstruhe…
Geniessen Sie jeden einzelnen Tag und erleben Sie viele grosse und kleine erinnerungswuerdige Momente! Und gutes Brot gibt es in Sydney bei Le Pain Quotidien (Cnr Fitzroy & Bourke Sts, Surry Hills) oder bei Neu’s German Bakery (Bondi Junction).
Viel Spass!